Die Betriebsrisikolehre war bereits Gegenstand unseres letzten Newsletters. Zwischenzeitlich beim Bundesarbeitsgericht angekommen, können wir Sie in der aktuellen Ausgabe unseres Newsletters darüber informieren, wie die Erfurter Richter die Sache sehen. Vorstellen möchten wir Ihnen außerdem zwei praxisrelevante Entscheidungen zu den Themen Arbeitsunfähigkeit und Arbeitszeugnis. Im Überblick:
I. Betriebsrisiko - keine Vergütung während des Lockdowns
Muss der Arbeitgeber seinen Betrieb aufgrund eines staatlich verfügten allgemeinen „Lockdowns“ zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorübergehend schließen, trägt er nicht das Risiko des Arbeitsausfalls und ist nicht verpflichtet, den Beschäftigten Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen (BAG, Urteil v. 13.10.2021, Az. 5 AZR 211/21).
II. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Erschütterung des Beweiswerts
Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbes. dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst (BAG, Urteil v. 08.09.2021, Az. 5 AZR 149/21).
III. Arbeitszeugnis - unzulässige tabellarische Darstellungsform
Ein Zeugnis, das in tabellarischer Form eine Vielzahl von Bewertungskriterien gleichrangig nebeneinander auflistet und nach Schulnoten bewertet, genügt nicht den Anforderungen an ein qualifiziertes Arbeitszeugnis i. S. v. § 109 GewO (BAG, Urteil v. 27.04.2021, Az. 9 AZR 262/20).
In unserem neuen Newsletter beschäftigen wir uns mit den - bisher nur als Pressemitteilung - vorliegenden Urteilen des BAG (hierzu unter Ziff. I.) und einer Zusammenfassung von aktuellen Urteilen aus der II. Instanz zum Themengebiet „Corona“, unter anderem zum Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit und zur Betriebsrisikolehre (hierzu unter Ziff. II.).
Abschließend der Hinweis darauf, dass das Bundeskabinett am 31.03.2021 das Gesetz zur Stärkung von Betriebsräten beschlossen hat. Nunmehr firmiert das Betriebsrätestärkungsgesetz als Betriebsrätemodernisierungsgesetz und befindet sich in der finalen Phase der Gesetzgebung. Die in unserem digitalen ARBEITS-Frühstück im Februar dargestellten Regelungen werden Gesetz werden (zu den Eckpunkten unter Ziff. III.). Im Überblick:
I. Neue Entscheidungen des BAG aus dem 1. und 2. Quartal 2021
1. Vergütungsrechtliche Einordnung von ärztlichem Hintergrunddienst als Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst
2. Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten eines Wachpolizisten
3. Erteilung einer „Datenkopie“ nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO
In unserem aktuellen Newsletter stellen wir Ihnen drei praxisrelevante Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vor. Das erste Urteil zum Thema Schmähkritik - mit entsprechend emotional aufgeladenem Sachverhalt - erging Ende 2019, wurde aber erst in diesem Jahr in voller Länge veröffentlicht. Die weiteren Urteile stammen aus 2020. Im Überblick:
I. Verhaltensbedingte Kündigung wegen angeblicher Schmähkritik - Meinungsfreiheit
Schmähkritik als verhaltensbedingter Kündigungsgrund genießt nicht den Schutz der Meinungsfreiheit. Es handelt sich jedoch nur dann um Schmähkritik, wenn jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik allein die Diffamierung der Person im Vordergrund steht und ein Sachbezug fehlt (BAG, Urteil vom 05.12.2019, Az. 2 AZR 240/19).
II. Außerordentliche Kündigung unverzüglich nach Zustimmung des Integrationsamts
Nach § 174 Abs. 5 SGB IX kann eine außerordentliche Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamts erklärt wird (BAG, Urteil vom 27.02.2020, Az. 2 AZR 390/19).
III. Kriterien für die Bemessung der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG
Bei der Bestimmung der angemessenen Entschädigung für den erlittenen immateriellen Schaden nach § 15 Abs. 2 AGG steht den Tatsachengerichten nach § 287 Abs. 1 ZPO ein weiter Ermessensspielraum zu (BAG, Urteil vom 28.05.2020, Az. 8 AZR 170/19).
In unserer letzten Mandanteninformation aus April 2020 hatten wir über den Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 09.04.2020 (COVID-19 ArbGG/SGG-AnpassungsG) berichtet. Dieser sah umfassende Möglichkeiten vor, mündliche Verhandlungen ohne die physische Anwesenheit aller am Verfahren Beteiligten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen.
Der Referentenentwurf scheiterte Ende April 2020 in der Ressortabstimmung. Stattdessen wurde Anfang Mai 2020 auf der Grundlage der Formulierungshilfe (24.04.2020) im Schnelldurchgang das Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in den Bundestag (Sozialschutz-Paket II) eingebracht, verabschiedet und im Bundesgesetzblatt am 28.05.2020 veröffentlicht.
Was ist letztendlich von dem Versuch einer Arbeitsgerichtsbarkeit 2.0 übrig geblieben?