Arbeitsrecht

Mandanteninformation zum Sozialschutz-Paket II und zum Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung

In unserer letzten Mandanteninformation aus April 2020 hatten wir über den Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 09.04.2020 (COVID-19 ArbGG/SGG-AnpassungsG) berichtet. Dieser sah umfassende Möglichkeiten vor, mündliche Verhandlungen ohne die physische Anwesenheit aller am Verfahren Beteiligten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen.

Der Referentenentwurf scheiterte Ende April 2020 in der Ressortabstimmung. Stattdessen wurde Anfang Mai 2020 auf der Grundlage der Formulierungshilfe (24.04.2020) im Schnelldurchgang das Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in den Bundestag (Sozialschutz-Paket II) eingebracht, verabschiedet und im Bundesgesetzblatt am 28.05.2020 veröffentlicht.

Was ist letztendlich von dem Versuch einer Arbeitsgerichtsbarkeit 2.0 übrig geblieben?


Konnten ehrenamtliche Richter nach dem Referentenentwurf nach eigenem Ermessen an der mündlichen Verhandlung von einem anderen Ort als dem Gerichtsaal teilnehmen, ist dies jetzt nur noch dann möglich, wenn es ihnen aufgrund der epidemischen Lage unzumutbar ist, bei Gericht zu erscheinen.


Nunmehr kann das Arbeitsgericht nur noch mit Einverständnis der Beteiligten anordnen, dass die Parteien, Prozessbevollmächtigten, Zeugen und Sachverständigen der Verhandlung von einem anderen Ort aus beiwohnen, wenn diese die technischen Voraussetzungen in zumutbarer Weise schaffen können. Auf Wunsch der Parteien usw. soll das Gericht dies allerdings anordnen. Nach der Regierungsbegründung soll es dies ggf. von Amts wegen tun. Ziel ist, die Nutzung von Videokonferenztechnik zu fördern.


Das Arbeitsgericht kann die Öffentlichkeit - anders als im Referentenentwurf vorgesehen - nicht ausschließen. Insbesondere der Ausschluss der Öffentlichkeit hatte für heftige Kritik gesorgt.


Weiterhin vorgesehen ist, dass das Bundesarbeitsgericht ohne Zustimmung der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Landesarbeitsgerichte können – anders als zunächst geplant – auch nicht mit Zustimmung der Parteien auf die mündliche Verhandlung verzichten.


Für die Sitzungen der Mindestlohnkommission, der Heimarbeitsausschüsse wie auch für Verhandlungen des Tarifausschusses im Zusammenhang mit Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen gilt, dass künftig in begründeten Fällen eine Teilnahme durch Video- oder Telefonkonferenzen möglich ist.


Ganz entfallen ist die verlängerte Klagefrist, wonach Arbeitnehmer nach Erhalt des Kündigungsschreibens fünf statt wie bisher drei Wochen Zeit haben sollten, Kündigungsschutzklage zu erheben.

Was kam hinzu?


Das Gesetzespaket schließt an das Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket I) vom 27.03.2020 an. Kernelemente des ersten Pakets waren erleichterte Voraussetzungen für den Zugang zum Kurzarbeitergeld sowie zu den Grundsicherungssystemen und eine Bestandssicherung für soziale Dienstleister. Mit dem Sozialschutz-Paket II sollen die Belastungen des Arbeitsmarktes durch die Corona-Krise weiter abgefedert werden.

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind die Änderungen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in Art. 1 des Gesetzes bedeutsam. Sie führen zu einer Erhöhung des Kurzarbeitergeldes für diejenigen, die Kurzarbeitergeld für ihre um mind. 50% reduzierte Arbeitszeit beziehen. Für diese Personen steigt der Betrag ab dem vierten Monat um 10 % auf 70%. Ab dem siebten Monat erhöht sich das Kurzarbeitergeld erneut auf 80% bzw. 87% für Haushalte mit Kindern. Die Regelungen gelten bis Ende 2020. Außerdem sind die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Kurzarbeiter ab dem 01.05.2020 gestiegen. Kurzarbeiter dürfen in allen Berufen bis zur vollen Höhe ihres bisherigen Monatseinkommens hinzuverdienen. Auch diese Regelung ist bis zum Jahresende befristet.

Erleichterungen sind auch für Arbeitslose geschaffen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld zwischen dem 01.05.2020 und dem 31.12.2020 endet. Deren Bezugsdauer wird um drei Monate verlängert.


Und dann war da noch die weitere Ausnahmeregelung zur Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen, die sog. virtuelle Betriebsratstätigkeit:

Durch das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung vom 20.05.2020 wurde ein neuer § 129 BetrVG eingeführt, der rückwirkend am 01.03.2020 in Kraft trat. Dieser regelt, dass die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats und der weiteren betriebsverfassungsrechtlichen Gremien sowie die Beschlussfassung dieser Gremien mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen kann, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Bitte beachten Sie, dass diese Darstellung die bisherige und die aktuelle Rechtslage nur auszugsweise und verkürzt wiedergibt. Sie kann daher eine individuelle, auf den Einzelfall bezogene Rechtsberatung nicht ersetzen.

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